Judith Duff - Weiche Schönheit

Weiche Schönheit

Judith Duff

Meine Karriere als Töpfer begann 1991, ich brannte damals reduzierend im Gasofen. Nach ein paar Jahren änderten dann zwei bedeutende Ereignisse mein Leben und meine Einstellung zur Töpferei.

Das erste fand 1998 statt, als ich John Neely's "Train Kiln" genannten Holzbrandofen baute. Das zweite Ereignis war dann 1999 meine erste von sechs Reisen nach Japan – die Teilnahme am "International Workshop for Ceramic Arts" in Tokoname (IWCAT). Diese Ereignisse wurden zu den Anfänge meiner eigenen Reise in die Welt des japanisch geprägten Holzbrandes und der Shino-Glasuren.

 

Die Holzbrand-Erfahrung

Der "Train Kiln" beeindruckte mich während eines dreiwöchigen Workshops an der Utah State University mit John Neely (USA) und Owen Rye (AUS). Wir hatten fünf Holzbrände in diesen drei Wochen in verschiedenen Kettenbogen-Öfen und Train Kilns. Der Train Kiln wurde nach dem Vorbild eines Anagamas entwickelt, um möglichst viel Flugasche auf den Keramiken abzulagern. Dieses Ziel wurde vor allem dadurch erreicht, dass die Aschegrube über einen Stufenrost verfügt und keine Prallwand besitzt, die den Flug der Asche unterbricht. Ich bin daran interessiert, dass die Asche die Töpfe dekoriert und Schönheitsfehler, Flammungen und Ascheglasuren hinterlässt. Der Train Kiln ist perfekt dafür.

Wieder zu Hause, begann ich meinen Ofen zu bauen, indem ich Stein für Stein nach den Bildern, die ich in Utah gemacht hatte, zusammenzählte – es gab keine genauen Pläne für die entsprechende Ofengröße. Nachdem ich mich durch den Bau des Ofens gekämpft hatte, unternahm meine Tochter, eine Architektin, die mühsame Aufgabe, Baupläne mit Hilfe eines 3D CAD Computerprogramms zu erstellen. Nicht nur, dass dadurch Ansichten aus jeder Perspektive und dreidimensionale Drehungen möglich wurden, es entstanden auch Pläne, die Steinreihe für Steinreihe zeigen.

Mein Ofen hat dieselbe Größe wie der in Utah. Die Weise, wie die Töpfe in den Ofen eingelegt werden, ist ebenso wichtig, wie das eigentliche "Machen". Meine geschrühten, unglasierten Stücke werden meist in der vorderen Hälfte des Ofens ohne Platten übereinander gestapelt. Die hintere Hälfte des Ofens wird mit Brennplatten eingebaut. Diese werden für meine Töpfe mit Shino-Glasuren und andere Töpfe genutzt, die manchmal auch wieder übereinander gelegt werden. Die Buzeln, die ich benutze, bestehen aus einer Mischung aus Feuerfestton (der warme Abdrücke auf dem Topf hinterlässt), Sand, Sägemehl und Weizenmehl. Die Form der Buzeln wird Teil der Dekoration des Gefäßes – eben gerade keine perfekt runden Kreise! Beim Platzieren jedes einzelnen Topfes bedenke ich, wie sich die Flamme um ihn herum und im ganzen Ofen bewegen wird.

Die Bauweise des Train Kiln's hat mehrere Vorteile. Er ist extrem effizient und leicht zu brennen. Es ist möglich, dass derOfen von einer einzelnen Person gebrannt wird, aber da ich bis zu 48 Stunden lang brenne, geschieht das in Schichten zusammen mit Anderen. Es ist nicht schwer, die Temperatur zu erreichen – im Gegenteil, ich muss oft bremsen. Ich brenne ohne schwarzen Rauch und reduziere trotzdem und, aufgrund der Effizienz des Ofens, musste ich noch nie Glut ziehen.

Meine holzgebrannten Arbeiten beinhalten viele Formen, die ich entwickelt habe, um die Ascheanflüge zu nutzen. Zusätzlich benutze ich verschiedene Shino-Glasuren im Holzbrand, wodurch ich eine breite Palette von Resultaten erhalte. Als ein Resultat dieser Erfahrung mit dem Train Kiln bin ich dazu gekommen, den gesamten Prozess des Holzbrandes zu lieben: Das Sammeln und Schneiden des Holzes, das Einlegen, das Heizen – alles hat seinen Anteil an der Gesamtgeschichte des fertigen Gefäßes. Holzgebrannte Töpfe wollen in die Hand genommen und genau betrachtet werden, und sie beschäftigen unsere Sinne mit ihren reichen Oberflächen.

 

Der japanische Einfluss

Der IWCAT war eine bemerkenswerte Erfahrung. Dort waren 16 Teilnehmer aus 12 verschiedenen Ländern. Während des sechswöchigen Workshops sahen wir Vorführungen von  beeindruckenden japanischen Töpfern, brannten einen Anagama und einen Noborigama und lernten viel über die japanische Kultur. Das öffnete mir die Augen für eine ganz neue Herangehensweise an die Töpferei und an die japanische Kultur mit Wertschätzung für die Welt der Keramik.

Schon vor dem  IWCAT hatten mich Shino-Glasuren in ihrer unbeständigen Natur fasziniert. Diese Feldspatglasuren sind gleichzeitig einfach und komplex mit ihrer fettig, saftig und glänzend texturierten Oberfläche. Während dieser ersten Reise nach Japan, wurde ich mit "wirklichen" Shinos bekannt gemacht und entdeckte, dass das, was wir in Amerika als "Shino" bezeichnen, kaum vergleichbar ist mit der weichen Schönheit der traditionellen Shinos, die dick, weich, weiß, halb-opak und oft unterfeuert  auf poröser Masse liegen. Traditionelle Shinos ignorieren jede Vorschrift: Ihre Taktiken und körnigen Oberflächen werden oft durch Risse, Zusammenziehen, Nadelstiche und rote Durchfärbenden besonders dort, wo sie dünn aufliegen, charakterisiert; sie trotzen maschineller Ästhetik und erzeugen einen sinnlichen ästhetischen Effekt, der ihnen größere Einzigartigkeit und Wert verleiht. Stücke mit Shino-Glasuren übertragen eine reiche sinnliche Botschaft durch ihre taktilen Eigenschaften, die Menschen dazu ermutigt, sie zu berühren und zu benutzen.


Als ein Resultat meiner gerade gefundenen Wertschätzung der traditionellen japanischen Shino-Glasuren beantragte ich 2004 beim North Carolina Arts Council 

ein Stipendium, um zu versuchen, authentische japanische Shino-Glasuren mithilfe lokaler Materialien zu replizieren. Ich erhielt die Zuwendung gerade ein paar Tage vor einer geplanten Reise nach Japan. Das Timing war ganz wunderbar, weil ich nach Seto/Mino wollte – gerade der Gegend in Japan, in der die Shino-Glasuren entstanden waren. Der Töpfer, mit dem ich arbeitete und brannte, kannte Kollegen, die sich auf Shino-Glasuren spezialisiert hatten und arrangierte Gespräche. Ich lernte die speziell für Shinos benutzten Öfen und deren Brennweise kennen. Ich brachte Proben des Masse und der Glasuren mit zurück und erhielt daraus mineralogische und chemische Analysen sowie die Kongrößenverteilung. Daraus entwickelte ich meine eigenen Mischungen, indem ich Feldspat, den Hauptbestandteil der Shino-Glasur, aus meiner Umgebung verwendete. Ich zerkleinerte den Feldspat in unserem selbst hergestellten Brecher, um die von mir verwendeten Glasuren herzustellen. Zur gleichen Zeit baute ich einen japanischen Shino Brennofen aus schweren Schamottesteinen mit 45cm dicken Wänden. Der Ofen wird 100 Stunden  mit Gas gebrannt und wird dann für 20 Stunden oxidierend mit einer Geschwindigkeit von 20°C  abgekühlt. Nach einer 7-tägigen Abkühlphase wird der Ofen geöffnet.

Japan ist weiterhin wichtig für mich und meine Arbeit und während verschiedener Reise konnte ich in Shizuoka, Bizen, Tamba-Sasayama, und Seto-Mino arbeiten und Öfen brennen sowie an Ausstellung teilnehmen. Meine Arbeit hat wesentlich von diesen Erfahrungen profitiert und ich habe die japanische Ästhetik sehr schätzen gelernt.

2011 wurde ich gemeinsam mit 12 Kollegen aus der ganzen Welt zum Internationalen Keramikfestival Sasama (Japan) eingeladen, was wiederum zu einer Teilnahme am Naori Ceramic Festival in Taean (Südkorea) führte. Hier gab es wieder Demonstrationen, Präsentation und Ausstellungen. Eine fantastische Erfahrung, die mich nochmal einer anderen Welt der Keramiker und ihrer Herangehensweise an Keramik aussetzte.

So wird deutlich, dass meine Entdeckungsreise in den Holzbrand und die Berührung mit japanischer Keramik tatsächlich mein Leben geändert haben. Ich bin sehr froh darüber, diese Stufen genommen zu haben und ermutige jeden Töpfer, immer mit neuen Ideen zu experimentieren und niemals Angst vor dem Scheitern zu haben.

 

 

 

 

 

 

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